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Andy White & Kieran Kennedy

27.10.00 – Andy White & Kieran Kennedy

Michael Müller / Offenburger Tageblatt (29.10.00)
Wir bedanken uns bei Michael Müller für den kostenlos zur Verfügung gestellten Text und bei Ulrich Marx für das Foto.

Am Ende strahlen doch noch alle
Konzert mit Hindernissen und trotzdem gut: Andy White & Kieran Kennedy im Spitalkeller

Nach einem stressigen Tag voller frustrierender Telefonate, streikender Piloten und einem auf dem Frankfurter Flughafen gestrandeten Musiker tauchte Kieran Kennedy am Ende doch noch im Spitalkeller auf und gab zusammen mit Andy White ein großartiges Konzert.

Eigentlich sollte Kieran Kennedy von Dublin nach Zürich fliegen und von dort abgeholt werden. Doch die Piloten von Aer Lingus, der irischen Fluglinie, streikten, und so musste Kennedy nach Frankfurt umgeleitet werden. Dort allerdings konnte ihn der Fahrer, der ihn abholen sollte, zunächst nirgends finden. Schließlich sollte sich Kennedy in einen Intercity nach Offenburg setzen. Doch fünf Minuten vor der Ankunft des Zuges fand ihn der Fahrer doch noch auf dem Bahnsteig, verfrachtete ihn in sein Auto, und ab ging's nach Offenburg.

Von diesem Husarenstück des Fahrers bekamen die Veranstalter zunächst nichts mit. Albrecht Wolf sollte den Musiker am Bahnhof abholen, doch natürlich war kein Kieran Kennedy zu sehen. Es machte sich schon Niedergeschlagenheit breit, da steckten Kennedy und der Fahrer gegen 23 Uhr doch noch ihren Kopf durch die Kellereingangstür. Klar, dass sie mit lautstarkem Hallo begrüßt wurden. Bis dahin hatte Andy White den ersten Teil des Konzerts solo bestreiten müssen. Und dies allein war schon eine teilweise beeindruckende Vorstellung. Vor allem im grimmigen Rezitativ "Religious Persuasions" und dem epischen und spannungsgeladenen "Speechless", einem Song, in dem er die Momente unbeschwerten Glücks während einer US-Tour mit seinen Gedanken zum Ausbruch des Golf-Kriegs kontrastiert und die Musik folglich zwischen Himmelhoch-Jauchzend und Zu-Tode-Betrübt schwanken ließ, lief Andy White zu großer Form auf.

Und die Rezitation eines Gedichts, bei der "361°"-Macher Stefan Krastel den Dolmetscher spielte, bekam schon fast clowneske Züge.

Doch mit der Zeit schaute auch Andy White immer öfter zum Kellereingang: Kennedy fehlte ihm - das merkte man ihm an. Und so machte er erstmal eine Pause.

Aber wie gesagt: Alles wird gut. Kennedy kam, stöpselte seine Gibson ein, und mit einem Mal war auch bei Andy White jegliche Anspannung und Verkrampfung wie weggeblasen: Gleich mit "Street Scenes From My Heart", dem Einstieg zum zweiten Teil, legten sie los wie übermütige junge Hunde, die man von der Leine lässt. Und diese unbeschwerte Stimmung zog sich durch den gesamten Rest des Abends hindurch.

Und das lange Warten lohnte sich. Kieran Kennedy ist ein Gitarrist, der nur durch sein Spiel präsent ist. Mackerhafte Faxen und angestrengtes Posen hat er nicht nötig - und doch drückte er den Songs von Andy White genau den Stempel auf, der zuvor fehlte: wunderschön sparsame und lyrische Fills, kurze perlende Läufe, stimmungsvoller Einsatz des Wah-Wah-Pedals ("Looking For James Joyce's Grave"), kraftvolle Soli und dazu der unglaublich warme Klang seiner Gibson Les Paul - Kennedy fing seinen Kompagnon auf, legte ihm einen unaufdringlich flauschigen Sound-Teppich aus und sorgte für einen vollen Sound, ohne auch nur einen Ton zu viel zu spielen.

Und es spricht für die Zuschauer, dass sie nicht etwa moserten, sondern sich einließen auf das, was da an Stimmungen über die Bühne kam. Zum Schluss konnten White und Kennedy die rund 70 Besucher sogar zum Mitsingen animieren: "Groovy Kind Of Way" machte seinem Namen wahrlich alle Ehre. Mit einem besinnlichen "'Coz I'm Free" verabschiedeten sie sich. Und am Ende strahlten Zuschauer, Veranstalter und Musiker miteinander um die Wette. Was will man mehr?

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