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Doug MacLeod

14.11.03 –Doug MacLeod

Michael Müller / Offenburger Tageblatt (18.11.03)
Wir bedanken uns bei Michael Müller fürText und Fotos, die er kostenlos zur Verfügung gestellt hat

Spiel-Tricks und Lebensweisheit
Doug MacLeod zeigte am Wochenende im Spitalkeller, dass Blues mehr ist als nur eine Musikform

Blues ist im Grunde eine einfache Musik. Doch Doug MacLeod zeigte am Freitag im Spitalkeller, dass sich dahinter eine ganze Welt auftun kann. Der große Songwriter Townes Van Zandt hat mal gesagt, es gebe zwei Arten von Musik -Blues und Zippediduda. Will sagen: Alles, was nicht Blues ist, ist im Grunde genommen Unsinn. Wahr ist, dass Blues sich als ungemein fruchtbare Quelle für musikalisches Schaffen erwiesen hat. Allein die typischen Akkorde und Licks gehören in jedes Gitarristen-Lehrbuch. Doug MacLeod beherrscht sie aus dem Effeff. Ein Missionsreisender in Sachen Blues: Er hat noch von den alten Meistern gelernt. Und wie sie gibt auch MacLeod sein Wissen weiter -und das nicht nur auf der Bühne: Vor dem Konzert lud er nämlich Hobby-Gitarristen zu einem Workshop ein. Im Konzert untermauerte MacLeod eindrucksvoll seinen Ruf als Ausnahmekönner an der Gitarre. Seine rechte Hand ist unablässig in Bewegung, das groovt und pulsiert mit einer Rasanz, die mitreißt. Und obwohl er ohne Plektrum spielt, nur mit Daumen und Fingern, haut er dir Single-Notes um die Ohren und kann die Saiten derart knallen lassen, dass man zusammenzuckt. Doch der Mann hat nicht nur mehr Kraft im kleinen Finger als andere in der ganzen Hand, sondern auch ein unglaubliches Gefühl für Dynamik. Da wird fast jedes Stück zum großen Drama. Doch Blues ist eben mehr als nur eine bestimmte Musikform. Womit wir beim zweiten Grund wären, der diese Musik so faszinierend macht: Die Bilder, die MacLeod in seinen Songs evoziert, lösen sich von der vordergründig-gegenständlichen Ebene und erlangen so eine Art universelle Gültigkeit. Da erzählt er etwa in »My Black Pony«, wie er einst ein farbiges Mädchen liebte. Das war 1967 in Virginia, im »alten Süden« also, in einer Zeit, als dort faktisch Rassentrennung herrschte. Natürlich ist auch rein physische Lust im Spiel, wenn die beiden zusammen sind, und dafür findet der Text auch drastische Bilder, die in ekstatischen Glissandi auf der Slide-Gitarre ihre musikalische Entsprechung finden. Doch es geht um mehr als nur um Sex: MacLeod macht daraus ein ergreifendes Liebes-Lied. Auch »Plowin' Mule« hat diesen Fabel-Charakter: Das Maultier wird nie wie ein Adler fliegen können, doch der Adler wird auch nie eine gerade Furche mit dem Pflug ziehen. Essenz: Man soll nicht nach Unerreichbarem streben -auch weniger spektakuläre Fähigkeiten haben ihren Wert. Highlight: das düstere Rezitativ »The New Panama Limited«. Es ist die Neufassung eines alten »Train Songs«. Da wird ein Bahnhof zur Kulisse für das Auseinanderbrechen einer Liebesbeziehung. MacLeod nutzt die Metaphorik dieses Genres auf ganz klassische Weise: als Projektionsfläche für die Beschreibung menschlicher Erfahrungen. Wie schrieb Country-Star Vince Gill mal in einem seiner schönsten Songs: »To learn a few chords on the banjo ist the key to life« (Ein paar Grgiffe auf dem Banjo lernen, das ist der Schlüssel zum Leben). Ein Satz, den auch der Blues-Gitarrist Doug MacLeod gewiss bedenkenlos unterschreiben würde. Und so wurd's ein Abend, von dem man eine Menge mit nach Hause nehmen konnte -nicht nur an technischen Tricks, sondern auch an Lebensweisheit.

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