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Jerry Joseph & Dave Schools

07.03.03 – Jerry Joseph & Dave Schools

Michael Müller / Offenburger Tageblatt (11.03.03)
Wir bedanken uns bei Michael Müller für Text und Fotos, die er kostenlos zur Verfügung gestellt hat

Nach Herzenslust improvisiert
Jam-Party, die bis in die Morgenstunden ging

Sie waren nur zu zweit -und dennoch geriet das Konzert von JerryJoseph und Dave Schools im Spitalkeller zum Tanz auf dem brodelnden Vulkan. Vieles war ungewöhnlich an diesem Abend. Das fing schon beim Publikum an: Gut ein Fünftel waren ziemlich junge, enthusiasmierte Amerikaner. Entsprechend euphorisch die Stimmung, als Jerry Joseph und Dave Schools die Bühne betraten -sonst ist das Spitalkeller-Publikum eher bekannt dafür, die Musiker zwar freundlich und neugierig zu empfangen, aber manchmal auch ein bisschen schwer in die Gänge zu kommen. Viele waren sicher nicht zuletzt wegen Dave Schools gekommen. Schließlich spielt der Bass bei Widespread Panic, einer Band, die in den Staaten zu den ganz Großen zählt und deren Fans ihren Helden von Konzert zu Konzert überall hin folgen -selbst dann, wenn sie mit einem relativ unbekannten Kollegen wie Jerry Joseph auf Club-Tour sind. Doch auch der Name Jerry Joseph hat bei den Panic-Fans einen guten Klang. Schließlich kennen sich Joseph und Schools seit Jahren, und mehrmals hat Joseph bei Panic im Vorprogramm gespielt.Überhaupt standen da zwei »Gleich-berechtigte« auf der Bühne, auch wenn die Physiognomie der beiden -hier der große, massige Bassmann, da der kleine, drahtige Gitarrist -den Schluss nahelegen könnte, der »Große« nimmt den »Kleinen« an die Hand. Sicher ist es noch ein weiter Weg, bis sich Joseph den Status erspielt hat, den ein Dave Schools schon seit langem genießt. Doch verstecken braucht er sich nicht: Die Amerikaner würden ihn einen »seasoned songwriter« nennen -also einen, der oft genug bewiesen hat, dass er den Dreh raus hat, wie man gute Songs schreibt. Und davon haben nicht zuletzt auch Widespread Panic selbst profitiert: Schließlich stammen einige der bekanntesten Songs des Panic-Repertoires aus Josephs Feder. Jedenfalls untermauerte das Konzert Josephs Ruf eindrucksvoll: Seinen Songs wohnt oft eine sinistre Kraft inne, die an Könner wie Steve Earle denken lässt. Dazu sind sie gespickt mit unwiderstehlichen Hooklines: Wie sich Joseph und Schools in den hymnischen Refrain des Walzers »Sweetwater« warfen -das war einfach mitreißend. Und vor allem wurde nach Herzenslust improvisiert. Dave Schools überzeugte nicht nur durch pumpende Rhythmus-Arbeit, sondern auch durch Fingerfertigkeit und enormen Drive in den Soli. Josephs hämmernde Akkordarbeit und schneidenden Single Notes bildeten die kongeniale Ergänzung: Was er an Raffinesse vermissen ließ, machte er mit enormem Energieeinsatz wett. Zum Schluss jammte auch noch Jpat mit, ein in Amerika lebender Ire, der zuvor ein bemerkenswertes Vorprogramm bestritten hatte und vor allem durch sein prägnantes Mundharmonikaspiel aufgefallen war. Erst gegen drei Uhr morgens war die fulminante Party zu Ende. Und man ging nach Hause irgendwie wie im Rausch.
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Rob Uhlmann / Badische Zeitung (11.03.03)
Wir bedanken uns bei Rob Uhlmann für Text und Fotos, die er kostenlos zur Verfügung gestellt hat

Unglaubliche Energie und Intensität
Nie zuvor erfahrenes Ereignis im Spitalkeller

Für einen langen, langen Abend war die Ortenau –genauer: der Spitalkeller in Offenburg -internationaler Treffpunkt: viele Amerikaner, aber auch Franzosen, Briten, Schweizer kamen aus London, Nürnberg, Nizza, Zürich. Grund war das Konzert des „Widespread Panic“-Bassisten Dave Schools mit dem eher unbekannten Sänger und Songschreiber Jerry Joseph von der US-Band „Jackmormons“ am Sonntagabend. „Widespread Panic“ ist eine so genannte „Jam-Band“, die viel improvisiert und bei der jedes Konzert sich völlig anders entwickelt. Sie hat in den USA einen ähnlichen Status wie früher „Greatful Dead“ und bringt bei einem Open-Air-Konzert locker 100.000 vor die Bühne. Etliche der US-Gäste leben in Europa, andere sind mit der Band nach herüber gekommen, haben die komplette Tour des Duos Schools/Joseph begleitet (und vom Laptop aus Fotos und Tour-Klatsch auf die heimatlichen Homepages gestellt), andere sind mal eben für drei Tage via Zürich eingeflogen, um in Offenburg den Abschlussabend der 14tägigen Club-Tour mit zu erleben. Für „Spreadheads“ (so nennen sich die Fans von „Widespread Panic“) und auch für „normale“ Ortenauer Rock-Fans war der Abend ein nie zuvor erfahrenes Ereignis.Das liegt an der unglaublichen Energie und Intensität von Joseph und Schools. Josephist ein Songschreiber von höchster Qualität. Gleich das erste Stück „Climb to safety“, ein „Panic“-Klassiker, von Joseph verfasst, schreckt regelrecht auf. „Time pulls you into something you don’t like“, singt er in diesem bitteren Zwiegespräch mit Gott, „it’s no fun to die, my Lord.“ Die hymnischen Verheißung vom „Gospel-Train“ und dem „Home on the other side“, der „Wohnstatt auf der anderen Seite“, werden hier nicht jubelnd erwartet. Joseph findet ähnlich wie Leonhard Cohen (beide sind übrigens Juden) zupackende Metaphern für seine Sicht auf Gott und die Welt, für seine Gefühle. Wo Cohen bitter und resignativ analysiert, schreit Joseph seine Botschaften hinaus, mit der Intensität des Gospel, aber voller Pein, voller Ironie, bukolisch –man möchte sagen: mit genüsslicher Wut: „You promised me to make me feel young –you fucking lied, Baby!“ Er gibt in jedem Song zu jeder Sekunde alles, ohne die Zwischenebene des „alles Bühne, alles Show“, eine Kompromisslosigkeit , die manchen erschreckt, und einige Zuhörerverlassen den Keller.Joseph und Schools sind Gegensätze: der eine ein Ex-Junkie, Arbeiterkind, kleinwüchsig und kahlköpfig, ein ratloser Sucher. Der andere, Schools, ist Genussmensch, ein Superstar dazu (zumindest in seiner Heimat). Ein gut gelaunter 1,85-m-Hühne, Matte bis zu den Brustwarzen, 110 Kilo Kampfgewicht und Finger, die wie flinke Schemen über den E-Bass tanzen. Dritter im Bund ist ihr Manager Greg, ein junger Multimillionär, der Boxen schleppt und ein Faible für guten Rock hat. Sie sind ein wenig das Bild des utopischen Amerika, in dem jeder jeden respektiert.Schools gibt den Songs von Joseph wie den Covers („Dear Prudence“ von den Beatles) ein Rock-Gerüst. Es gibt wüste Duelle zwischen akustischer Gitarre und E-Bass, in denen scheinbar nichts zusammengeht, trotzdem kommen die zweistimmigen Vokalsätze stets präzis. Die Songs werden erweitert, Jam-Band-mäßig ineinander verschachtelt, ins Hymnische gesteigert. ES sind Song-Cathedralen, die hier gebaut werden! Gegen drei Uhr morgens verlässt dasDuo nach knapp vier Stunden erschöpft und unter Jubel die Bühne. Der Jubel wird übrigens nicht nur in der Ortenau-Presse nachzulesen sein, sondern auch in den USA, auf den Homepages der Spreadhead-und Jackmormons-Gemeinde. Auch eine Möglichkeit, Baden in die Welt zu tragen.

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