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Katy Moffatt

21.09.02 – Katy Moffatt

Michael Müller / Offenburger Tageblatt (25.09.02)
Wir bedanken uns bei Michael Müller fürText und Fotos, die er kostenlos zur Verfügung gestellt hat

Stilsicher wahrte sie die Balance
Katy Moffatt spielte im Spitalkeller Offenburg

Es war wieder so ein Abend, an dem man sich fragt, wo die Gerechtigkeit in der Musik geblieben ist: Da gibt es Musiker, die haben weniger Gefühl in ihren beiden Händen als Katy Moffatt im Fingernagel -doch die einen spielen in großen Hallen, und Katy Moffatt vor einem nicht mal halb vollen Spitalkeller. Aber Himmel, was war das schön!Dass Katy Moffatt mal mit einer ihrer Platten einen Garth Brooks überholt, kommt wohl auch nur in den britischen Country-Charts vor. Eine Petitesse, ein Nebenkriegsschauplatz. Die großen Geschäfte werden woanders gemacht -von Musikern, die ihre Berufung lieber an der Eingangstür ihrer Hausbank abgeben und sich vor den Karren von Managern spannen lassen, die das Talent ihrer Schützlinge lieber in ein griffiges Marketing-Korsett zwängen.Doch wie ein Garth Brooks einmal zu ihrem eigenen Abziehbild zuverkommen -das wird einer Katy Moffatt nie passieren. Dazu ist sie viel zu vielseitig. Sie kann ihre Gitarre geradezu schulbuchmäßig grooven lassen, wenn sie den Blues spielt, aber ebenso ein todtrauriges Liebeslied mit zartem Picking veredeln. Und vor allem ist sie eine ungemein wandlungsfähige Sängerin. Da wird sie zum frisch verliebten Backfisch (in dem bezaubernden »Walking On The Moon«), zur lasziven Liebhaberin, die unmissverständlich fordert: »Love Me Like a Man« (und dies in einen feurigen Blues kleidet), zur trauernden Ex-Geliebten (»Goodbye Baby, so Long«) oder zur kämpferischen Frauenrechtlerin (in dem grummelnden »Ain't I a Woman«).Sie lauscht den eigenen Worten hinterher, sie lebt mit den Figuren, die ihre Songs bevölkern -und vor allem: Sie leidet mit ihnen, bis sie auch den letzten Tropfen Gefühl aus einem Song herausgewrungen hat. Das kommt ihr vor allem dann zugute, wenn sie die alten Western-Balladen singt. Stilsicher wahrt sie die Balance: Wenn sie -a capella übrigens -die uralte Geschichte eines jungen Mannes erzählt, der gegen seinen Willen in den Krieg gegen die Indianer ziehen muss, ist alles echte Tragik und nichts hohles Pathos. Und sie ist eine famose Geschichtenerzählerin. Sie hat ein Herz für Verlierer: für Outlaws wie »John Hardy« ebenso wie für den Mexikaner und das amerikanische Mädchen, die nicht zueinanderkommen können, weil die schwer bewachte Grenze dazwischenliegt (»Across The Borderline«).Doch nicht nur Personen werden bei ihr lebendig, auch Orte wie das »EvangelineHotel«, das nur noch von seinem eigenen Mythos lebt -vielleicht der ergreifendste Song des Abends. Aber darüber zu diskutieren ist wirklich müßig.

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