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Cara Dillon

13.11.02 –Cara Dillon

Michael Müller / Offenburger Tageblatt (15.11.02)
Wir bedanken uns bei Michael Müller fürText und Fotos, die er kostenlos zur Verfügung gestellt hat

Echtes Gefühl statt hohlem Pathos
Die Irin Cara Dillon sang Folk-Standards und selbst komponierte Songs im Salmen

Die erhabene Schönheit der Melancholie: Cara Dillon schwelgte am Mittwoch im Offenburger Salmensaal in erlesen arrangierten Moll-Tönen.Als Sängerin hallt Cara Dillon ein Ruf wie Donnerhall voraus –schon erstaunlich für eine Frau, die gerade mal ihr erstes Album veröffentlicht hat. Doch die Zeiten stehen gut für Musiker wie sie. Kolleginnen wie Eliza Carthy haben Folk längst auch in der Mainstream-Musikpresse salonfähig gemacht. Und so ist ein Publikum auf Folk-Musik aufmerksam geworden, das bisher traditionelle Songs für eine Domäne alter Herren mit Wusel-Bart und Birkenstock-Sandalen hielt.Auch Cara Dillon hat dieses Crossover-Potenzial. Sie singt einerseits mit einer Empfindsamkeit, die von ganz tief drinnen kommt: Seit sie ein Kind war, ist sie von traditioneller Folk-Musik umgeben -und diese Erfahrungen hat sie in sich aufgesogen. Sie ist denn auch kein »Küken« mehr, obwohl sie erst 27 ist. Entsprechend singt sie mit einer frappierenden Reife und Ausdruckskraft -und dennoch mit genau dem richtigen Maß an Understatement. Bei »The Winding River Low« etwa konnte man im Geiste durchaus Vergleiche zu Simple Minds»Belfast Child« ziehen -doch wo Jim Kerr in hohlem Pathos ersäuft, ist bei Cara Dillon alles echtes Gefühl. Von zart-zerbrechlich bis strahlend-kräftig beherrscht sie das ganze Ausdrucksspektrum mit spielerischer Leichtigkeit. Und Eigenkompositionen wie das lyrisch-liebliche »Blue Mountain River« fügen sich nahtlos in das Traditional-Repertoire ein.Andererseits ist sie keine Puristin: Sie hat viele Erfahrungen gesammelt, auch außerhalb der Folk-Szene. Und so schafft sie es, auch einem eigentlich ausgelutschten Klassiker wie »Black Is the Colour (Of My True Love's Hair)« überraschend neue Seiten abzugewinnen, ohne dass das »Folk-Feeling« verloren geht: Vor allem das repetitive, düstere Piano-Pattern verleiht dem Song etwas Meditatives –und gleichzeitig treibt es ihn leise, aber unaufhörlich vorwärts.»Kammer-Folk« könnte man das nennen -zumal Cara Dillon in kleiner Besetzung antrat: Ihr langjähriger Partner Sam Lakeman (Keyboards) und dessen Bruder Seth (Gitarre, Violine) erwiesen sich als höchst differenziert spielendes Duo, das Cara Dillon einen Arrangement-Teppich webte, den Engländer als »sophisticated« beschreiben würden -ein Wort, für das »gediegen« eine höchst unzureichende Übersetzung ist.Insofern war der Salmensaal als äußerer Rahmen nicht schlecht gewählt. Schade nur, dass der allzu höhenlastige Sound zu wünschen übrig ließ: Im Spitalkeller wär's vielleicht eine richtig runde Sache geworden.

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