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Jolene

23.01.02 - Jolene

Rob Ullmann / Badische Zeitung (26.01.02)
Wir bedanken uns bei Rob Ullmann fürText und Fotos, die er kostenlos zur Verfügung gestellt hat

Westcoast-Underground nicht ohne Pathos
Jolene mit drei Gitarristen im Spitalkeller

Sie passten kaum auf die kleine Bühne des Offenburger Spitalkellers: „Jolene“ aus Kalifornien. Drei Gitarristen (von denen einer gelegentlich zu einem kleinen Keybord greift), Bass, Schlagzeug plus Cello und Violine. Macht Summa summarum sieben Musiker. Das Equipment ist bescheiden, ein paar kleine Verstärker, Monotore, Effektgeräte, dazu Stühle und Barhocker zum Sitzen -sonst wär’s richtig eng geworden. Genug Platz dagegen vor der Bühne, wo am Mittwochabend knappe vierzig Zuhörer ein herbes, aber faszinierendes und äußerst ungewöhnliches Konzert erlebten.Drei Gitarren -aber keine Gitarrenschlachten, kaum einmal ein Solo. Die Musik von „Jolene“ bewegt sich im weiten Feld von Singer/Songwriter-und Country-Rock. Die Anklänge an den US-Folk-Rock der sechziger, siebziger Jahre sind deutlich. Dennoch ist „Jolene“ ein höchst ungewöhnliche Band. Das liegt nicht zuletzt am Sound. Der ist irgendwo beim alten Westcoast-Underground angesiedelt, nicht ohne Pathos (Kennt noch jemand die phantastische Band „It’s a beautiful day“?). Die ganz frühen, psychedelischen Jefferson Airplane klingen an, aber der Gruppenklang changiert bis zu R.E.M. und dem Gitarrenpop der 80er.Die Stücke sind langsam, zerdehnt, gelegentlich gibt es rollende, federnde Mid-Tempo-Songs, stark countrybetont. Aber da ist immer dieser Sound, der keinerlei Gemütlichkeit aufkommen lässt. Es gewittert, es brandet und tost. Oder es zirpt geheimnisvoll-sehnsüchtig wie aus fernen Erinnerungen -Klänge wie aus einer anderen Welt. Nehmen wir „Let it rain“: das Stück wälzt sich vorwärts, wie ein träger Strom, der zu immer größerer Breite anwächst, der immer gewaltiger wird, immer wuchtiger daherstampft, wächst und wächst und alles niederwalzt, schleppend gezogen von massigen Akkordschlägen, um dann wie eine Woge zu brechen, zu verebben, zu verdämmern, urgewaltig.Dazu die Stimme von Ober-„Jolene“ John Crooke, der diese Stücke verfasst: ein Sänger, der mit bescheidenem stimmlichen Material die in die Extreme geht, dabei immer glaubhaft, nie maniriert wirkt. Die Texte sind Geschichten über Beziehungen, die nicht wirklich funktionieren, und über die Schwierigkeit, einen Sinn im Chaos der Zeichen zu finden, gut passend zu den Klängen. Dieser Abend hat einmal mehr gezeigt: Wer traditionellen Rock abseits des radiotauglichen Mainstream hören will, wer eine intensive Atmosphäre schätzt, der ist im Offenburger Spitalkeller genau richtig.

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