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Joseph Parsons

04.12.03 –Joseph Parsons

Michael Müller / Offenburger Tageblatt (06.12.03)
Wir bedanken uns bei Michael MüllerfürText und Fotos, die er kostenlos zur Verfügung gestellt hat

Seelenstriptease und Liebesleid
Joseph Parsons, Liedermacher aus Philadelphia, begeisterte einmal mehr sein Publikum

Joseph Parsons brauchte einige Anlaufzeit bei seinem Konzert im Spitalkeller-doch je länger es dauerte, desto mehr stellte sich auch die alte Intensität wieder ein. Es gibt Konzerte, die vergisst man nicht so schnell. Joseph Parsons erster Solo-Auftritt vor gut fünf Jahren gehört gewiss dazu. Seitdem ist viel passiert: Er hat das Projekt Hardpan gegründet, zusammen mit anderen Roots-Größen wie Terry Lee Hale, Chris Burroughs und Todd Thibaud und hat seit kurzem wieder eine neue Band namens Four Way Street.Und stets hat der Songwriter aus Philadelphia konsequent an sich gearbeitet. Joseph Parsons ist noch einer jener Musiker, die unerschütterlich daran glauben, dass das, was gut ist, am Ende auch ein Publikum findet. Und um herauszufinden, ob ein Song was taugt, muss man ihn vor Publikum ausprobieren -auch auf die Gefahr hin, die Erwartungen der Besucher zu enttäuschen.Und Solo-Shows eignen sich vorzüglich als Experimentierfeld. Denn wenn ein Song auf der Akustischen toll klingt, ist er auch im Band-Gewand nicht kaputtzukriegen. Joseph Parsons fand an diesem Abend den gesunden Mittelweg. Die erste Hälfte war vor allem neuen und teils noch gar nicht veröffentlichten Songs gewidmet. Und vielleicht war das der Grund, warum es zunächst nicht ganz so funktionierte: An einigen Songs muss er halt noch ein wenig basteln und feilen. Doch allein der Mut zum Wagnis brachte Parsons viele Sympathiepunkte ein. Und natürlich hatte auch dieser Programmteil seine Qualitäten: »Shot of Will« etwa, ein selbstquälerischer und eindringlicher Seelen-Striptease eines Junkies, das düstere und atmosphärisch dichte »Only Screaming« oder »Never Meant«, ein ganz bezauberndes, stilles Liebeslied.Doch mit der Zeit legte Parsons die Nervosität immer mehr ab. Und so gab er den Besuchern auch einiges wieder zurück und erfüllte Musikwünsche. Jetzt war er richtig groß in Form und schüttelte die Highlights nur so aus dem Ärmel: das betörend melancholische »Can't Keep Her Gone«, »You Lied«, eine bittere Abrechnung mit der Ex-Geliebten, oder »Over You« -schwierig allein auf der Akustischen umzusetzen, aber brillant gelöst: Erst ganz allmählich schält sich die Melodie aus dem leisen Spiel auf den abgedämpften Saiten heraus, um dann in einen Refrain voll stiller Schönheit einzumünden. Und mit »Blood To Indigo« und dem sinistren Schluss-Rocker »Sister Moon« setzte er dem regulären Konzert einen fulminanten Schlusspunkt. Da war sie wieder, die alte Magie. Und darüber freute sich auch Parsons selbst -so sehr, dass er bei »Here Comes The Sun« von den Beatles, einer von insgesamt fünf Zugaben, den Text vergaß. Doch krumm nahm ihm das natürlich niemand.

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